Kapitel 5
5. Diskussion
Durch die vorgestellten Kapitel lassen sich Unterschiede und Gemeinsamkeiten von IPSS herausstellen. Hierbei ist zu erwähnen, dass die Thematik sehr umfangreich behandelt wird. Der Fokus dieser Seminararbeit liegt in der Entwicklung und Bewertung von Geschäftsmodellen der IPSS, indem ausgewählte Realbeispiele wirtschaftlich analysiert werden. Hierbei sollen die unterschiedlichen Herausforderungen der IPSS dargestellt werden.
Die Grundlage für ein IPSS stellt ein Wertschöpfungsnetzwerk von Unternehmen, Kunden und potentiellen Geschäftspartnern dar (Uhlmann und Meier, 2017, S. 13). Ziel dieses Netzwerkes ist es, einen Mehrwert für die Beteiligten der Kette zu schaffen, indem sie sich gegenseitig ergänzen und miteinander arbeiten. Nach Galbraith (2002, S. 194) sollen sich die Unternehmen auf die Kernkompetenzen der eigenen Leistung konzentrieren, sodass ein effizienter, qualitativer Prozess gewährleistet wird. Zudem kann das Know-how der unterschiedlichen Mitarbeiter geteilt werden, um eine schnellere Weiterentwicklung des Systems zu garantieren. In den Realbeispielen wird die Bedeutung eines Netzwerkes deutlich. Die Jungheinrich AG stellt das Flottenmanagementsystem für die Kunden zur Verfügung, dass zu einer effizienteren Produktion führen soll. Die wirtschaftlichen Vorteile lassen sich durch die verschiedenen Kundenreferenzen bestätigen. Diese beinhalten sowohl die Produktionssteigerung, als auch die Minimierung der Reparaturkosten (Jungheinrich, 2018e, 2018f). Zudem arbeitet das Unternehmen weltweit mit verschiedenen Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen zusammen, sodass die spezifische Datenbank durch weiteres Know-how des Netzwerkes erweitert wird. Das Unternehmen Roche stellt das Know-how ihrer Mitarbeiter anderen Parteien im Netzwerk zur Verfügung, um eine Weiterentwicklung des Prozesses zu fördern. Die Schaeffler AG hingegen hat im Rahmen der Entwicklung einen Prototyp mit der DMG MORI, ein Geschäftspartner des Netzwerks, hergestellt.
Eine Herausforderung des IPSS ist die optimale Darstellung des Eingangsszenarios um die Kundenanforderungen exakt abzubilden. Dies wird ermöglicht durch kompetente Kommunikation der Parteien. Nach der Studie von Everhartz et al. (2017, S. 30) lässt sich die Wichtigkeit der Interaktion bestätigen, weil dies die Grundlage der Entwicklung darstellt. Andere Studien der Literaturanalyse konnten ähnliche Ergebnisse bereitstellen (Pahl et al., 2005, S. 72 ff.; Uhlmann und Meier, 2017, S. 5). Anfängliche Fehler in der Darstellung des Kundenbedarfs können zum Scheitern des Projektes führen, da es zu einer hohen Abweichung des Soll-Ist-Zustands beitragen kann. In dieser Arbeit war es nicht möglich, die Wichtigkeit und die Bewältigung der Herausforderung zu bestätigen, da keine Erkenntnisse über die Kommunikationen bekannt waren.
Eine weitere von der Literatur vorgestellte Herausforderung ist die kontinuierliche Verbesserung der Geschäftsmodelle (Thomas et al., 2007, S. 411). Aufgrund der in Kapitel 3.4 vorgestellten Vergleichsanalyse der Realbeispiele wurde festgestellt, dass die Unternehmen die Bewältigung dieser Herausforderung anstreben. Dabei werden individuelle Anpassungen durch kundenspezifische Einzellösungen vorgenommen, welche der kontinuierlichen Verbesserung gerecht werden. Zusätzlich lässt sich durch die wirtschaftliche Analyse aus Kapitel 4 feststellen, dass eine Weiterentwicklung der Produkte und eine Erhöhung des Know-hows der Mitarbeiter unabdinglich ist um die Wettbewerbsposition zu stärken. Die Kompetenz- und Wissensanforderungen an die Mitarbeiter sind im gesamten Prozess der Entwicklung von hoher Bedeutung, da das Produkt von der Kreativitätsvielfältigkeit abhängig ist (Hubka und Eder, 1992, S. 17; Pahl et al., 2005, S. 68). Zudem ist die Entwicklung geprägt von der Zusammenarbeit der Geschäftsbeziehungen (Rese et al., 2011, S. 498 f.).
Aus den IPSS ergeben sich viele Chancen, aber auch Risiken für die Unternehmen und die Gesellschaft. Der Wandel zum IPSS-Anbieter ist abhängig von hohen Entwicklungskosten der Unternehmen, da mehrere Anforderungen erfüllt werden müssen (Laurischkat, 2013, S. 78). Zum einen besteht hier das Risiko, dass das Scheitern des IPSS-Projektes dazu führt, dass versunkene Kosten entstehen. Zum anderen wird für die Einführung und Entwicklung eines IPSS, verschiedene Qualifikationen der Mitarbeiter benötigt. Zwar können hier neue Arbeitsplätze entstehen, aber auch alte Beschäftigungsfelder können entfallen. Nach der Studie von IW Consult (2007, S. 28) stellt das integrierte Sach- und Dienstleistungsangebot eine zukünftig neue Branche dar. Die Unternehmen können durch die IPSS von unterschiedlichen Know-how profitieren und so die Produkte weiterentwickeln. Zusätzlich können auch neue Leistungsangebote und andere Branchen daraus entstehen. Durch eine effiziente Arbeitsteilung des Netzwerks werden nicht nur nationale, sondern auch internationale Kontakte gestärkt. Dies führt zu einer interkulturellen Annäherung. Die Zusammenführung unterschiedlicher Sicht- und Bearbeitungsweisen kann zu einer Erhöhung der Kreativitätsfindung für ein IPSS beitragen. Auch die Zusammenarbeit verschiedener Branchen könnte die Produkte ergänzen. Durch Kooperation der Unternehmen können langfristige Unternehmenserfolge gewährleistet werden. Hierbei hat das IPSS-anbietende Unternehmen den Vorteil, dass die Kunden abhängig von der Dienstleistung werden, da das kundenspezifische System explizit für ihre Geschäftstätigkeit ausgearbeitet wurde. Der Kunde hat den Vorteil, nicht mehr nur als einfacher Kunde betrachtet zu werden, sondern als einen Geschäftspartner, dessen Wünsche und Bedürfnisse individuell erfüllt werden. Die Gesellschaft kann durch das IPSS kostengünstiger und einfacher auf Produkte zugreifen, da der Produktionsprozess effizienter gestaltet werden. Durch die integrierten Sach- und Dienstleistungen wird ein Mehrwert für die Gesellschaft geschaffen, indem Bevölkerung und Staat gleichsam profitieren. Hierbei kann ein gesteigertes BIP ausgewiesen werden, sodass die wirtschaftliche Attraktivität des Staates zunimmt. Des Weiteren kann die Staatstätigkeit ausgebaut und die Infrastruktur erweitert werden. Der Ausbau der Infrastruktur hat einen zusätzlichen positiven Effekt auf die Bürger (Munnell, 1992, S. 196 f.).
Es existieren nicht nur ökonomische, sondern auch gesellschaftspolitische Risiken. Die Risiken variieren durch diverse Unternehmensbereiche und Branchen. Hierbei werden die Unternehmen in unterschiedlicher Art und Weise beeinflusst, die durch verschiedene Umweltfaktoren abhängig sind. Für die Unternehmen besteht die Gefahr neuer Konkurrenz. Zudem werden Unternehmen, die sich ausschließlich auf die klassischen Erfolgsfaktoren beziehen, höheren Anforderungen gestellt sein. Die Gesellschaft hat ein hohes Interesse, dass die Arbeitsbedingungen gerecht für die Mitarbeiter der komplexen IPSS ausgelegt sind. Die Unternehmen müssen deshalb faire Standards festlegen um den gesellschaftlichen Druck standzuhalten. Weiterführend sind negative Einflüsse auf die Umwelt eine Gefahr für das Ansehen eines Unternehmens. Dies hat zur Folge, dass nicht nur die Umsätze, sondern auch die Attraktivität des Unternehmens darunter leiden. Hierbei können sich Geschäftspartner vom Unternehmen abwenden. Dies wirkt sich wiederum negativ auf das betroffene Unternehmen aus. Ein weiteres Risiko besteht für die Mitarbeiter des Unternehmens. Diese müssen den hohen, dynamischen Anforderungen der IPSS standhalten, indem sie sich kontinuierlich weiterentwickeln müssen. Die Umsetzung der kundenindividuellen IPSS benötigt einen höheren Koordinationsaufwand zwischen den einzelnen Prozessstufen. Das Risiko besteht darin, dass Prozessschritte nicht aufeinander abgestimmt sind und die Kompetenz des zuständigen Koordinators fehlt. Die veränderten Kundenbedürfnisse müssen beachtet werden, da Kunden zunehmend an individuellen Komplettlösungen interessiert sind. Dabei können Kundenwünsche so weit gehen, dass sie wirtschaftlich nicht zu vertreten und technisch nicht umzusetzen sind. Zudem verschiebt sich die Verantwortung des Produktes auf das IPSS-anbietende Unternehmen, sodass das Unternehmen eine höhere Verpflichtung gegenüber ihren Kunden übernehmen muss.
Die uneingeschränkten Möglichkeiten des Ausbaus der IPSS führt zu einer Kombination zusätzlicher Dienstleistungen und zu einem Wandel der Unternehmen vom reinen Sach- zum Sach- und Dienstleistungsanbieter führen. Die zukünftige Industrie wird ein vielfältiges Leistungsangebot anbieten müssen um den erhöhten Anforderungen gerecht zu werden. Hierbei kann durch ein verändertes Wettbewerbsumfeld, die Branchenvielfalt erweitert werden.
Zukünftige Forschungen sind abhängig vom Informationsfluss der Unternehmen. Die bereitgestellten Informationen müssen Erkenntnisse über Misserfolge, als auch über Erfolge liefern. Diese können als Richtwerte genutzt werden. Auf Grundlage dieser Daten können Ergebnisse abgeleitet werden, die eventuell bislang nicht einbezogene Faktoren beinhalten.